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Rassismus und Diskriminierung – zurück in die alte Heimat

by Shai Hoffmann on 1. April 2016 No comments

Das ist Îshîk Ebadi aus Istanbul. Ein Rentner, den wir beim Uferspaziergang in Maltape, einem der zahlreichen Stadtteile Istanbuls, kennengelernt haben. Beinahe täglich kommt er aus seinem höher gelegenen Stadtteil namens „Dragos“ (links im Bild) ans Meer, um zu fischen. Doch noch viel lieber erzählt er Touristen seine ereignisreiche Lebensgeschichte – auf deutsch. Îshîk spricht gut deutsch, lebte seit 1968 in Deutschland und war u.a. als Schweißer in der Werft in Büsum an der Nordsee beschäftigt. 1997 kehrte er in seine Heimat zurück. „Warum kehrte er zurück?“ wollte ich von ihm wissen. Er begann wild gestikulierend zu erzählen, dass er damals stark diskriminiert wurde. Hakenkreuze habe man an sein Auto gesprüht, sagt Îshîk. Er wurde angespuckt und von ehemaligen Werftkollegen sogar offensichtlich gemobbt. Er wollte weg. Zurück in seine Heimat. Verständlich, denke ich mir.

Es schien mir, als hätten sich die schrecklichen Erfahrungen in Form von tiefen Falten in sein Gesicht eingebrannt. Îshîk lächelt dennoch viel und teit etwas mit uns, das mich trotz seiner negativ gesammelten Erfahrungen erstaunte. Bei der Verabschiedung gaben wir uns die Hand und er sagte entschlossen, dass er für Frieden auf der Welt sei…die Welt sei ja schließlich groß genug für uns alle und er verstehe nicht, warum sich Menschen auf der Welt, selbst in seiner jetzigen Heimat Türkei, bekriegen.

Ein starker Satz von einem Mann, der bisher in seinem Leben so viel Leid ertragen musste. Einmal mehr wurde mir bewusst, dass wir uns gegen Rassismus und Diskriminierung erheben müssen. Menschen wie Îshîk gehören zu Deutschland, genauso wie Du und ich. Ich fürchte mich vor der Entwicklung in Deutschland und Europa. Eine „Alternative“ für Deutschland (AfD), die ein Deutschland für Deutsche möchte, macht mir Angst und erinnert mich an die furchtbare Zeit, die neben meinen jüdischen Großeltern auch zahlreiche andere ethnische Gruppen durchleben mussten.

Menschen, die Lebensgeschichten – ähnlich wie die von Îshîk – zu erzählen haben, sind diejenigen, die uns alle (und da schließe ich vor allem von Storch & Co. ein) daran erinnern müssen, dass so etwas mit niemandem auf dieser Welt jemals geschehen darf. Deshalb bin ich stolz auf meinen Freund Van Bo und den Verein „DeutschPlus – Initiative für eine plurale Republik“, die mit der #HOORAY Akademie dieser erschreckenden Entwicklung entgegenwirken möchten.

Morgen darf ich mit einer bunten Gruppe junger Menschen, einen Gesangworkshop durchführen und performativ das deutsche Grundgesetz darstellen. Ich freue mich schon sehr darauf und bin mir sicher, dass Îshîk mächtig stolz auf euch wäre, wenn er wüsste, dass es Menschen, wie euch gibt, liebes #HOORAY Team (Van Bo, Farhad, Aboli, Julia, Josephine, Idil, Sanaa, Emrullah etc.). Gleichgesinnte, die auch keine Diskriminierung und keinen Alltagsrassismus mehr erfahren möchten – und dafür aufstehen!

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